Fahrerflucht – unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

Bußgeldkatalog: Unfall mit Fahrerflucht
Verstoß | Bußgeld | Pkt. | Fahrverbot |
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Nach einem Unfall hält der Fahrer trotz eigener Unfallbeteiligung nicht unverzüglich an | 30 € | - | - |
Keine Angabe der eigenen Unfallbeteiligung ggü. anderen anwesenden Beteiligten bzw. Geschädigten | 30 € | - | - |
Unfallbeteiligter gibt Name und Adresse nicht ggü. anderen anwesenden Beteiligten bzw. Geschädigten an | 30 € | - | - |
Unfallbeteiligter zeigt trotz Aufforderung anwesender Beteiligter bzw. Geschädigter Führerschein bzw. Fahrzeugschein nicht vor | 30 € | - | - |
Unfallbeteiligter macht keine Angaben zur Haftpflichtversicherung | 30 € | - | - |
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr | 3 | Fahrverbot oder Entzug der Fahrerlaubnis |
Bußgeldrechner für Unfallflucht und ähnliche Verstöße
Was ist nach einem Unfall zu tun? Erst einmal Ruhe bewahren. § 34 Straßenverkehrsordnung (StVO) beschreibt sehr detailliert, wie sich Unfallbeteiligte nach einem Unfall zu verhalten haben. Ergänzt wird diese Vorschrift durch § 142 Strafgesetzbuch (StGB), welche die Fahrerflucht unter Strafe stellt. Wenn ein Unfallbeteiligter nach dem Unfall das Weite sucht, treten die damit einhergehenden Verstöße gegen § 34 StVO als Ordnungswidrigkeit zurück. Der Fahrer macht sich wegen unerlaubtem Entfernen vom Unfallort strafbar.
Nach einem Unfall: Die wichtigsten Verhaltensregeln

Die Verhaltenspflichten nach einem Unfall lernen Kraftfahrer bereits in der Fahrschule. § 34 StVO zählt sie ganz penibel auf:
- unverzüglich anhalten
- Sicherung der Unfallstelle
- Überblick verschaffen über die Unfallfolgen
- Erste Hilfe leisten (Notruf)
- gegenüber anderen anwesenden Unfallbeteiligten und Geschädigten Angaben zur eigenen Unfallbeteiligung machen oder
- wenn niemand anwesend ist, angemessene Zeit warten
- und ggf. Polizei informieren, um die Feststellung der eigenen Unfallbeteiligung zu ermöglichen
Fahrerflucht versus Feststellungs- und Beweissicherungsinteresse anderer Unfallbeteiligter
Punkt 5 dieser Aufzählung verpflichtet den Unfallbeteiligten, anderen Beteiligten mitzuteilen, dass er selbst am Unfall beteiligt war. Er muss Name und Adresse angeben, auf Verlangen Führerschein oder Fahrzeugpapiere vorzeigen und seine Haftpflichtversicherung benennen.
Aber warum? Weshalb ist Fahrerflucht strafbar? § 142 StGB wirft die Frage auf, warum sich ein Unfallbeteiligter indirekt selbst belasten muss. Gilt nicht im Strafprozessrecht das Prinzip, dass niemand sich selbst belasten müsse? Wieso gilt das dann nicht auch für Unfallbeteiligte?
Diese Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahre 1963 beantwortet (BVerfGE 16, 191): Fahrerflucht sei nicht deswegen strafbar, um eine Strafverfolgung zu vereinfachen. Vielmehr diene die Vorschrift dem privaten Feststellungs- und Beweissicherungsinteresse der Unfallbeteiligten im Hinblick auf die Schadensregulierung.
Aus diesem Grund genüge es ja, dass die in § 34 StVO benannten Angaben gegenüber den Unfallbeteiligten gemacht werden und nicht gegenüber der Polizei.
Die Verfassungsrichter hielten § 142 StGB auch für verhältnismäßig. Würde das Verbot der Fahrerflucht entfallen, hätten Unfallopfer keine Chance, ihre zivilrechtlichen Entschädigungsansprüche durchzusetzen.
Tatbestand der Fahrerflucht – unter welchen Umständen sich Unfallbeteiligte strafbar machen

Wegen Unfallflucht macht sich derjenige strafbar, der
- an einem Unfall im öffentlichen Straßenverkehr beteiligt war und
- sich vom Unfallort entfernt,
- ohne anderen anwesenden Beteiligten gegenüber die oben erwähnten Angaben zu machen oder
- ohne eine angemessene Zeit zu warten, wenn niemand da ist.
Wenn nach einer angemessenen Wartezeit immer noch niemand auftaucht, muss der Unfallbeteiligte die Polizei oder die abwesenden Beteiligten bzw. Geschädigten informieren. Anderenfalls macht er sich ebenfalls strafbar.
Unfallbeteiligte, die Fahrerflucht begehen, werden nicht nach dem Bußgeldkatalog sanktioniert. Stattdessen verhängt das Strafgericht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Die Richter können auch ein Fahrverbot anordnen.
Vorsicht: Fahrerflucht ohne erkennbaren Schaden kann ebenfalls strafbar sein
So mancher Verkehrssünder versucht einer Strafe zu entgehen, indem er argumentiert, er habe den Unfall gar nicht bemerkt oder keinen Schaden feststellen können. Also könne es doch gar kein Unfall mit Fahrerflucht sein.
Dieses Argument wird jedoch nur in den seltensten Fällen funktionieren. Zwar muss der Unfallbeteiligte vorsätzlich gehandelt, also den Unfall auch bemerkt haben. Allerdings werden Richter und Staatsanwalt eher skeptisch reagieren, wenn ein Autofahrer nicht bemerkt haben will, dass er einen Fußgänger angefahren oder ein anderes Fahrzeug stark beschädigt haben soll. Eine solche Aussage ist in der Regel nicht glaubhaft.
Auch wenn jemand einen Unfall zwar bemerkt, danach aber keine Schäden am anderen Fahrzeug feststellen kann, droht eine Strafe wegen Fahrerflucht mit Sachschaden, weil die Unfallbeteiligten in der Regel kaum einschätzen können, wie groß der Schaden wirklich ist.
Die straflose Bagatellgrenze von 50 Euro ist schnell überschritten. Selbst ein beschädigter Außenspiegel kann schnell Kosten im dreistelligen Bereich verursachen. Folglich kann schon bei einem vermeintlich geringfügigen Parkschaden Fahrerflucht vorliegen.
Video: Weitere Infos zur Fahrerflucht
FAQ: Was passiert bei Fahrerflucht?
Bei Fahrerflucht liegt das Strafmaß bei einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Wie hoch die Strafe im Einzelfall ausfällt, hängt u. a. vom Verhalten des Täters, seinen möglichen Vorstrafen und dem jeweiligen Schaden ab. Außerdem gibt es für Fahrerflucht drei Punkte in Flensburg. Auch ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis ist möglich.
Für Fahranfänger hat Fahrerflucht dieselben strafrechtlichen Folgen wie für andere Verkehrsteilnehmer auch. Sind die jünger als 21 Jahre, erfolgt hingegen keine Bestrafung nach § 142 StGB. Das Jugendgericht wird stattdessen Sanktionen nach dem Jugendstrafrecht verhängen. Weil Unfallflucht aber ein A-Verstoß ist, verlängert sich die Probezeit auf vier Jahre. Außerdem wird die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet.
Nein, das genügt nicht, sondern gilt trotzdem als Straftat. Wenden Sie sich daher entweder sofort nach dem Unfall oder aber nach Ablauf der Wartezeit an die Polizei.
Wie lange Sie warten müssen, hängt von der Tageszeit, vom Unfallort, der Witterung und dem Schaden ab. Das Minimum einer angemessenen Wartezeit liegt bei 30 Minuten. Informieren Sie anschließend umgehend die Polizei, wenn bis dahin niemand am Unfallort erscheint.
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