RATGEBER

Unterlassene Hilfeleistung: Definition und Strafe

Wann liegt unterlassene Hilfeleistung vor?
Wann liegt unterlassene Hilfeleistung vor?

Liegt ein Unglücksfall oder eine Gefahrensituation vor, in der Sie in der Lage sind zu helfen, müssen Sie dies auch tun, soweit Ihnen das zuzumuten ist. Andernfalls kann Ihnen unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen werden und Sie machen sich strafbar. Wann genau dieser Tatbestand erfüllt ist und mit welchen Konsequenzen Sie in diesem Fall rechnen müssen, erläutert der folgende Ratgeber.

FAQ: Unterlassene Hilfeleistung

Was bedeutet unterlassene Hilfeleistung?

Laut Paragraph 323c StGB liegt unterlassene Hilfeleistung dann vor, wenn Sie in einem Unglücksfall (z. B. einem Unfall) oder bei gemeiner Gefahr oder Not keine Hilfe leisten, obwohl diese erforderlich ist. Der Tatbestand ist jedoch nur dann erfüllt, wenn Ihnen diese Hilfeleistung auch zuzumuten ist. Würden Sie sich durch die Hilfeleistung selbst in Gefahr begeben oder eine andere wichtige Pflicht verletzen, machen Sie sich bei Unterlassung der Hilfeleistung nicht strafbar.

Wie hoch ist die Strafe bei unterlassener Hilfeleistung?

Unterlassene Hilfeleistung wird gemäß StGB mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft.

Gilt es auch als unterlassene Hilfeleistung, wenn eine verletzte Person die Hilfe ablehnt?

Nein. Lehnt eine Person in einer Notlage die angebotene Hilfe ab und ist diese Person dem subjektiven Empfinden des Helfers nach bei klarem Verstand, stellt das Ausbleiben der Hilfeleistung keine Straftat dar.

Liegt unterlassene Hilfeleistung auch dann vor, wenn keine Person, sondern ein Sachgegenstand gefährdet ist?

Unter Umständen ja, wenn es sich dabei um fremde Sachen von bedeutendem Wert handelt. Erfolgt zum Beispiel in Ihrer Nachbarwohnung in der Abwesenheit des Bewohners ein Wasserrohrbruch und Sie bemerken diesen, sind Sie zur Hilfe verpflichtet, soweit Sie diese leisten können. Haben Sie zum Beispiel Zugriff auf den Haupthahn des Wohnhauses, ist es Ihnen möglich, das Wasser in der Nachbarwohnung abzustellen, und anschließend die Feuerwehr zu benachrichtigen.

Hilfeleistung: Wann muss ich helfen, wann nicht?

Video: Wichtige Informationen zur Hilfeleistung
Video: Wichtige Informationen zur Hilfeleistung

Unterlassene Hilfeleistung gemäß StGB: Was ist darunter zu verstehen?

Der Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung wird in § 323c des Strafgesetzbuchs (StGB) behandelt, welcher folgendermaßen lautet:

(1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will.

In einer Notlage zu helfen, ist demnach nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch eine gesetzliche. Trotzdem ist nicht jedes Auslassen von Hilfe automatisch strafbar. Im Folgenden erklären wir, wie der Tatbestand in § 323c StGB genau definiert ist und wann tatsächlich unterlassene Hilfeleistung vorliegt.

Was gilt als Unglücksfall bzw. gemeine Gefahr oder Not?

Eine Voraussetzung für unterlassene Hilfeleistung: Lag ein Unglücksfall, eine gemeine Gefahr oder gemeine Not vor?
Eine Voraussetzung für unterlassene Hilfeleistung: Lag ein Unglücksfall, eine gemeine Gefahr oder gemeine Not vor?

Die erste Voraussetzung für unterlassene Hilfeleistung ist das Vorliegen eines Unglücksfalls oder einer gemeinen Gefahr oder Not. Darum wollen wir zunächst erläutern, was darunter genau zu verstehen ist.

Bei einem Unglücksfall handelt es sich um ein plötzliches und unerwartetes Ereignis, welches erhebliche unmittelbare Gefahren für Menschen oder wertvolle Sachgegenstände birgt. Das kann zum Beispiel ein Unfall sein, ein Schlaganfall oder auch eine schwere allergische Reaktion. Es ist nicht erforderlich, dass bereits ein Schaden eingetreten ist. Das bloße Risiko eines Schadens reicht aus.

Eine gemeine Gefahr wiederum ist eine Situation, die nicht zwangsweise plötzlich oder überraschend auftritt, aber trotzdem ein Risiko für Menschen oder erhebliche Sachwerte darstellt. Beispiele hierfür wären ein Brand oder eine Überschwemmung. Unter gemeiner Not ist eine Notlage, die die Allgemeinheit betrifft, zu verstehen. Sie bedroht nicht direkt die Gesundheit oder das Leben anderer Menschen, kann aber trotzdem zu erheblichen Problemen führen. Ein Beispiel für gemeine Not ist zum Beispiel ein Stromausfall.

Natürlich schließen sich Unglücksfall, gemeine Gefahr und gemeine Not nicht gegenseitig aus, sondern können gemeinsam auftreten. So ist es zum Beispiel denkbar, dass eine Überschwemmung (gemeine Gefahr) sowohl einen Stromausfall (gemeine Not) als auch einen Unfall (Unglücksfall) verursacht. In jedem Fall sind Sie verpflichtet zu helfen.

Ganz wichtig: Unterlassene Hilfeleistung kann Ihnen nur vorgeworfen werden, wenn von Ihnen erwartet werden kann, dass Sie die entsprechende Situation auch wirklich als Unglücksfall bzw. gemeine Gefahr oder Not erkannt haben. Dies muss im Fall einer Anklage von einem Sachverständigen unter Berücksichtigung der individuellen Umstände beurteilt werden.

Unterlassene Hilfeleistung setzt die Erforderlichkeit von Hilfe voraus

Die zweite Voraussetzung für unterlassene Hilfeleistung ist der Umstand, dass Ihre Hilfe in der entsprechenden Situation tatsächlich erforderlich war. Dies lässt sich wiederum an zwei Kriterien festmachen:

  • Bestand ohne Hilfeleistung eine Gefahr für Leib, Leben oder bedeutende Sachwerte?
  • Waren andere Personen vor Ort, die bereits Hilfe leisteten?

Können Sie die erste Frage verneinen, kann Ihnen keine unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen werden. Ist zum Beispiel klar erkennbar, dass das Opfer nicht mehr am Leben ist, müssen Sie keine Hilfe mehr leisten.

Bei der zweiten Frage wiederum geht es nicht darum, ob andere Personen hätten helfen können, sondern ob sie das tatsächlich getan haben. Die Ausrede, dass auch andere potentielle Helfer vor Ort waren, entbindet Sie nicht von Ihrer eigenen Pflicht zur Hilfeleistung. Ist jedoch klar erkennbar, dass die Opfer bereits alle Hilfe erhalten, die sie benötigen, dürfen Sie unverrichteter Dinge abziehen.

Auch die Erforderlichkeit der Hilfeleistung muss im Falle einer Anklage von einem Sachverständigen beurteilt werden.

Die Hilfeleistung muss dem Helfer zumutbar sein

Nur wenn Ihnen die Hilfe zumutbar war, kann Ihnen unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen werden.
Nur wenn Ihnen die Hilfe zumutbar war, kann Ihnen unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen werden.

Zu guter Letzt gibt es noch eine dritte Voraussetzung für unterlassene Hilfeleistung: Es muss dem potentiellen Helfer zumutbar gewesen sein, in der entsprechenden Situation die erforderliche Hilfe zu leisten. Nur dann kann ihm ein Unterlassen der Hilfe als Straftat ausgelegt werden. Würde die Hilfeleistung zum Beispiel eine erhebliche Belastung für Sie bedeuten oder würden Sie sich dadurch gar selbst in Gefahr bringen, kann Ihnen nicht zugemutet werden, dass Sie direkt eingreifen.

Werden Sie zum Beispiel Zeuge eines Unfalls auf der Autobahn, kann es sehr gefährlich sein, einfach anzuhalten und den Verletzten zu Hilfe zu eilen. Immerhin besteht das nicht unerhebliche Risiko, dass Sie beim Betreten der Fahrbahn selbst von einem Auto erfasst werden. In so einem Fall kann es Ihnen nicht zugemutet werden, anzuhalten und direkt Hilfe zu leisten. Es ist Ihnen aber sehr wohl möglich, den Notruf zu verständigen – entweder über Ihr eigenes Mobiltelefon oder eines der Notruftelefone, die etwa alle zwei Kilometer entlang der Autobahn zu finden sind. Wählen Sie nicht den Notruf, kann Ihnen auch das als unterlassene Hilfeleistung ausgelegt werden.

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