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Gaffer und Schaulustige: Die Strafen können drastisch ausfallen!

Was, wenn ein Schaulustiger die Hilfeleistung behindert? Die Strafen in Deutschland können drastisch ausfallen.
Was, wenn ein Schaulustiger die Hilfeleistung behindert? Die Strafen in Deutschland können drastisch ausfallen.

Neugier ist ein zutiefst menschlicher Charakterzug. Er treibt den Menschen an, nährt seinen Wissensdurst, führt ihn zu neuen Erkenntnissen, Erfindungen, Entdeckungen. Doch wie überall kann ein Übermaß mehr schaden, denn nutzen. Ein zu viel an Schaulust trieb schon seit jeher seltsame Blüten – etwa bei Gladiatorenkämpfen oder Hexenprozessen. Schaulustige sind auch in der heutigen Gesellschaft nicht per se ein Problem, werden es jedoch spätestens dann, wenn sie Rettungskräfte behindern, Tote und Verletzte filmen und die Bilder veröffentlichen oder gar sich selbst oder Dritte durch ihr Verhalten gefährden. Auch deshalb müssen allzu hartnäckige Gaffer in Deutschland mit teils drastischen Strafen rechnen. Aber welchen?

FAQ: Gaffer & Schaulustige

Wann ist man ein Gaffer?

Als Gaffer werden üblicherweise Personen bezeichnet, die ein Unfallgeschehen, eine Katastrophe oder andere Unglücke beobachten und ggf. sogar Rettungskräfte oder den Verkehrsfluss dadurch behindern. Eine umfassende Definition des Wortes “Gaffer” finden Sie hier.

Mit welchen Strafen muss ein Gaffer rechnen?

Das richtet sich maßgeblich danach, welcher Tatbestand im Einzelfall erfüllt ist. Auch ob eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, hat Einfluss auf die drohenden Folgen. Im Tatbestandskatalog selbst sind sie nicht aufgeführt. Einen Überblick zu den möglichen Sanktionen gibt diese Tabelle.

Sind Schaulustige per se ein Problem?

Nein, Schaulust ist ein zutiefst menschliches Phänomen. Es gilt jedoch, wichtige ethische und moralische Grenzen zu beachten.

Bußgeld- und Strafenkatalog: Gaffer & Schaulustige

VerstoßSanktion
Weisungen der Einsatzkräfte nicht gefolgtbis 5.000 €*
§ 201a StGB - Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs (durch Erstellen oder Verbreiten von entwürdigenden Bildaufnahmen)Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 2 Jahre
§ 240 StGB - NötigungGeldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 3 Jahre
§ 241 StGB - BedrohungGeldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 1 Jahr
§ 315b StGB - gefährlicher Eingriff in den StraßenverkehrGeldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre
§ 315c StGB - GefährdungGeldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre
§ 323c StGB - unterlassene Hilfeleistung bzw. Behinderung von HilfeleistendenGeldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 1 Jahr
* Unterschiede je nach Bundesland möglich

Was ist ein Gaffer?

Der Begriff “Gaffer” meint per Definition weit mehr als den stillen Beobachter einer Situation oder Schaulustige. In ihm schwingt bereits eine abwertende Haltung gegenüber der so bezeichneten Person mit: Ein Gaffer beobachtet eine Katastrophe oder einen Unfall und lässt dabei andere menschliche Werte wie Mitgefühl und Hilfsbereitschaft scheinbar vollständig missen. In der heutigen Zeit hat er ebenso oft dabei auch noch sein Mobiltelefon auf die Szenerie gerichtet, um das Geschehen zu dokumentieren und vielleicht sogar zu teilen. Ganz nach dem Motto: „Ich war dabei!“

Einige Psychologen gehen dabei aber auch davon aus, dass das Verhalten eines Gaffers u. a. darauf beruht, dass er sich durch das Erleben des fremden Leids eher der eigenen Unversehrtheit versichern will. Es geht also nicht einfach um reine Sensationsgier. Ähnliches etwa passiert im Menschen durchaus auch bei Theaterstücken, Kinofilmen oder Dokumentationen, die das Leid anderer widerspiegeln, ob als Fiktion oder nicht.

Problematisch wird das Verhalten von einem Gaffer besonders in diesen Fällen

Schaulustige können an Unfallstellen zum Problem für die Einsatzkräfte werden.
Schaulustige können an Unfallstellen zum Problem für die Einsatzkräfte werden.
  • Ein Schaulustiger behindert Rettungskräfte, um mehr vom Geschehen mitzubekommen und noch näher dran zu sein. Oder er weigert sich einfach, den Schauplatz zu verlassen, obwohl er von den Einsatzkräften hierzu aufgefordert wurde. In diesem Zusammenhang kommt es mittlerweile sogar immer öfter zu Drohungen oder körperlichen Angriffen auf Einsatzkräfte.
  • Ein Gaffer erstellt Bilder von verletzten oder toten Personen und stellt diese ins Internet oder verteilt sie über andere soziale Netzwerke. Das stellt zum einen eine Entwürdigung der Betroffenen dar, zum anderen kann es Ermittlungen behindern. Es macht aber auch möglich, dass Angehörige der Verletzten oder Getöteten zuerst aus dem Netz über den Unglücksfall erfahren oder auch noch Jahre später mit den grausamen Bildern konfrontiert werden – denn das Internet vergisst nie.
  • Gerade bei Unfällen auf Autobahnen kann ein Gaffer, der aus dem Auto heraus einen genauen Blick auf die Situation werfen will, zur Gefahr für sich und andere werden. Zum einen wegen der Ablenkung, zum anderen auch wegen des häufig verringerten Tempos.

All dies kann strafbar, mindestens jedoch ordnungswidrig sein. Welche Strafen und Geldbußen einem Gaffer dann drohen können, erfahren Sie im Folgenden.

Gaffen als Straftat und Ordnungswidrigkeit: Welche Sanktionen drohen?

Bildaufnahmen von einer verletzten oder getöteten Person zu erstellen und/oder zu verbreiten, kann eine Verletzung deren höchstpersönlichen Lebensbereichs darstellen – und damit eine Straftat nach § 201a Strafgesetzbuch (StGB). Kommt es wegen einer solchen Tat zur Anklage, kann dem Beschuldigten eine Geldstrafe oder eine bis zu zweijährige Freiheitsstrafe drohen.

Doch auch wenn Sie keine Bilder aufnehmen oder verbreiten, kann das Gaffen Sanktionen mit sich bringen. Auch folgende Straftatbestände sind etwa je nach Sachverhalt möglich:

Welche Straftaten können Gaffer begehen?
Welche Straftaten können Gaffer begehen?
  • unterlassen Hilfeleistung (z. B. wenn Gaffer nur daneben stehen anstatt verletzten Personen zu helfen oder aber Hilfeleistende von notwendigen Handlungen abhalten)
  • Gefährdung oder gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (z. B. beim langsamen Vorbeifahren an einer Unfallstelle, um einen genauen Blick erhaschen zu können)
  • Nötigung (z. B. wenn ein Schaulustiger einen Polizisten oder Sanitäter gewaltsam wegdrängt, um ihn vom Helfen abzuhalten bzw. die Szene besser sehen zu können; je nach Ausmaß und Folge der Gewaltanwendung könnten hier auch Körperverletzungsdelikte denkbar sein)
  • Bedrohung (z. B. wenn ein besonders hartnäckiger Schaulustiger die Rettungskräfte bedroht)

Das Gaffen kann auch als Ordnungswidrigkeit zu bewerten sein, z. B. wenn Schaulustige den Aufforderungen der Einsatzkräfte, sich vom Ort des Geschehens zu entfernen, nicht folgen (Weisungsbefugnisse der Einsatzkräfte). Auch die Behinderung von Einsatzkräften z. B. durch Blockieren des Standstreifens oder der Rettungsgasse ist regelmäßig ordnungswidrig.

Sieht der Bußgeldkatalog hierfür Sanktionen vor? Oder kommt stattdessen ein Strafenkatalog zur Anwendung? Eine Übersicht zu den möglichen Sanktionen finden Sie in der obigen Tabelle.

Besonders drastisch zeigt das folgende Video der Blickfänger-Filmproduktion, warum niemand zum Gaffer werden sollte:

Bildnachweise: Fotolia.com/Photographee.eu, Fotolia.com/phanuwatnandee, Fotolia.com/laobi