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Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB): Beispiele und Strafen

Welche Strafe kann ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr nach sich ziehen?
Welche Strafe kann ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr nach sich ziehen?

Nicht nur Ordnungswidrigkeiten können in Verbindung mit dem Straßenverkehr erfüllt sein. Weit schwerwiegendere Zuwiderhandlungen sind etwa Straftaten. Hierzu zählen etwa Fahrerflucht, Nötigung, Gefährdung oder ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr. Mit einem Bußgeld ist es in diesen Fällen nicht mehr getan, stattdessen können Geldstrafe oder Freiheitsstrafe drohen. Doch was genau sind gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr?

FAQ: Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr nach Paragraph 315b StGB

Was zählt als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr?

Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr liegt vor, wenn eine Person in der Form auf den Verkehr einwirkt, dass durch ihre Handlungen andere Menschen oder Gegenstände von hohem Wert beschädigt werden können. Der Handelnde muss dabei nicht selbst Teilnehmer am Straßenverkehr sein. Ein paar Beispiele dafür, wann ein gefährlicher Eingriff im Straßenverkehr vorliegen kann, zeigt diese Liste.

Welche Strafe kann ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr nach sich ziehen?

Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr können nach § 315b StGB mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Je nach Tatausgestaltung sind im Einzelfall sogar Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren möglich. Einen Überblick zu den möglichen Strafen für entsprechende Straftaten gibt diese Tabelle.

Wann verjährt ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr?

Die Strafermittlungsbehörden haben insgesamt fünf Jahre Zeit, um einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr zu ahnden, den vermeintlichen Täter also zu ermitteln und anzuklagen. Erst hiernach tritt die Verjährung bei dieser Straftat ein.

Übersicht: Mögliche Strafe für einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr

Tatbe­standStrafeNeben­folgenRechts­grund­lage
gefähr­licher Eingriff in den Straßen­verkehrGeld­strafe oder Frei­heits­strafe bis 5 Jahrea) Fahr­ver­bot bis 6 Mo­nate + 2 Punk­te oder
b) Fahr­erlaub­nisent­zug + 3 Punk­te
§ 315b Abs. 1 StGB
... Gefahr fahr­lässig verur­sachtGeld­strafe oder Frei­heits­strafe bis 3 Jahrea) Fahr­ver­bot bis 6 Mo­nate + 2 Punk­te oder
b) Fahr­erlaub­nisent­zug + 3 Punk­te
§ 315b Abs. 4 StGB
... bei fahr­lässiger Hand­lung Gefahr fahr­lässig verur­sachtGeld­strafe oder Frei­heits­strafe bis 2 Jahrea) Fahr­ver­bot bis 6 Mo­nate + 2 Punk­te oder
b) Fahr­erlaub­nisent­zug + 3 Punk­te
§ 315b Abs. 5 StGB
versuch­ter gefähr­licher Ein­griff in den Straßen­verkehrGeld­strafe oder Frei­heits­strafe bis 5 Jahrea) Fahr­ver­bot bis 6 Mo­nate + 2 Punk­te oder
b) Fahr­erlaub­nisent­zug + 3 Punk­te
§ 315b Abs. 2 StGB
gefähr­licher Eingriff mit der Absicht, einen Un­glücks­fall herbei­zu­führen oder eine andere Straf­tat zu er­mög­lichen oder zu ver­deckenFrei­heits­strafe zwischen 1 und 10 Jahrena) Fahr­ver­bot bis 6 Mo­nate + 2 Punk­te oder
b) Fahr­erlaub­nisent­zug + 3 Punk­te
§ 315b Abs. 3 StGB
... minder­schwerer FallFrei­heits­strafe zwischen 6 Mo­naten und 5 Jahrena) Fahr­ver­bot bis 6 Mo­nate + 2 Punk­te oder
b) Fahr­erlaub­nisent­zug + 3 Punk­te
§ 315b Abs. 3 StGB
gefähr­licher Eingriff verur­sacht schwere Gesund­heits­schädi­gung eines Menschen oder Gesund­heits­schädi­gungen mehre­rer MenschenFrei­heits­strafe zwischen 1 und 10 Jahrena) Fahr­ver­bot bis 6 Mo­nate + 2 Punk­te oder
b) Fahr­erlaub­nisent­zug + 3 Punk­te
§ 315b Abs. 3 StGB
... minder­schwerer FallFrei­heits­strafe zwischen 6 Mo­naten und 5 Jahrena) Fahr­ver­bot bis 6 Mo­nate + 2 Punk­te oder
b) Fahr­erlaub­nisent­zug + 3 Punk­te
§ 315b Abs. 3 StGB

Definition und Beispiele: Was ist ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr?

Um einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr handelt es sich nach § 315b StGB, wenn eine Person die Sicherheit des Straßenverkehrs beeinträchtigt, indem sie

1. Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,

2. Hindernisse bereitet oder

3. einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt

und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet […].

Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr geht also nicht automatisch – und eher selten – direkt von Verkehrsteilnehmern wie Kfz-Fahrern aus, sondern von einer Person, die von außen in den Straßenverkehr eingreift. Was genau im einzelnen als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr zu verstehen ist, ist durch die Definition in § 315b StGB nicht abschließend festgelegt. Zahlreiche Handlungen können damit als solche verstanden und bestraft werden. Im Folgenden ein paar Beispiele dafür, was als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr verstanden werden kann:

Wann kann der Tatbestand nach § 315b StGB erfüllt sein?
Wann kann der Tatbestand nach § 315b StGB erfüllt sein?
  • Werfen von Gegenständen auf Fahrzeuge und Fahrbahnen (zum Beispiel von Autobahnbrücken)
  • Entfernen von Gullideckeln
  • Entfernen oder Beschädigen von Ampelanlagen, Verkehrsschildern oder Sperren
  • Aufstellen von Pollern oder Absperrungen
  • Hindernisse auf der Fahrbahn verbringen bzw. nicht beseitigen (z. B. große Steine, Öl oder Blechteile etwa auch nach einem Unfall)
  • Blendung von Fahrzeugführern mit Laserpointern
  • Beschädigung des Bremsschlauches an einem Fahrzeug oder ähnliche Manipulationen an den Bremseinrichtungen
  • Entfernen oder Lockern von Radmuttern
  • eine Person auf eine stark befahrene Straße schubsen
  • Beifahrer greift in das Lenkrad des Fahrers
  • Nutzung eines Fahrzeugs als Waffe zur Schädigung von Gegenständen oder Personen (zum Beispiel auch beim abrupten Abbremsen, um den nachfolgenden Fahrer zu schädigen)

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Urteile, die die Straftat nicht erfüllt sahen

Die folgenden Beispiele hingegen zeigen, in welchen Fällen Gerichte in der Vergangenheit keine Straftat nach § 315b StGB erkannt haben:

  • BGH-Urteil vom 21.06.2016 (AZ: 4 StR 1/16): Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr ist beim Ausbremsen dann nicht zu erkennen, wenn der Beschuldigte Fahrer etwa nach einem Überholvorgang stark abbremst und den nachfolgenden Verkehr zu einer Vollbremsung zwingt. Hier ist eine Schädigungsabsicht in aller Regel nicht gegeben. Stattdessen können hier aber andere Straftaten wie Gefährdung oder Nötigung erfüllt sein.
  • BGH-Urteil vom 30.06.2015 (AZ: 4 StR 188/15): Das Durchbrechen einer Straßensperre bei der Flucht vor der Polizei stellt eine Gefährdung, nicht jedoch einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr dar, da das Fahrzeug in diesem Falle nicht als Waffe, sondern als Fluchtfahrzeug genutzt wurde.
  • BGH-Urteil vom 12.04.2011 (AZ: 4 StR 22/11): Ein fingierter Unfall gilt dann nicht als gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, wenn der Tatfahrer lediglich sich selbst und sein eigenes Fahrzeug schädigt. Stattdessen ist hier eine Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB gegeben.

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Strafe nach § 315b StGB

Welche Strafe ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr nach sich zieht, richtet sich nach dem Einzelfall. Das Strafgesetzbuch gibt lediglich einen Strafrahmen vor. Nach § 315b StGB kann die Erfüllung des Grundtatbestands eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren nach sich ziehen. Selbst versuchte gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr können entsprechende Strafen nach sich ziehen. Weitere Abstufungen des Tatbestands und die jeweiligen Strafrahmen finden Sie in der obigen Tabelle.

Kommt es zu einer Anzeige auf Grundlage des § 315b StGB, entscheidet anschließend das zuständige Gericht nach Bewertung des jeweiligen Einzelfalles, welche Einzelstrafe zu verhängen ist (sofern es zu einer Verurteilung kommt). Dabei werden unter anderem die Folgen der Straftat, die Ausführung bzw. der Ablauf der Tatbegehung sowie weitere Tatumstände berücksichtigt. Wie hoch nun Freiheits- oder Geldstrafe ausfallen, lässt sich also nicht verallgemeinern.

Doch nicht nur eine Geld- oder Freiheitsstrafe kann bei einer Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr drohen. Straftaten können weitere Nebenstrafen bzw. -folgen mit sich bringen:

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Freiheitsstrafen bis 10 Jahre sind möglich.
Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Freiheitsstrafen bis 10 Jahre sind möglich.
  1. Fahrverbot bis sechs Monate: Gemäß § 44 StGB können bei der Verurteilung wegen einer Straftat auch bis zu sechs Monate Fahrverbot verhängt werden. Beschließt das Gericht eine solche Nebenstrafe, so kommen auf den Täter zusätzlich zwei Punkte in Flensburg zu.
  2. Entziehung der Fahrerlaubnis: Nach § 69 StGB kann ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr auch den Führerscheinentzug als Nebenstrafe nach sich ziehen, wenn die begangene Straftat im Zusammenhang mit dem Führen eine Kraftfahrzeuges stand und sich der Täter durch die Tat als ungeeignet erwiesen hat, Kraftfahrzeuge zu führen. In diesem Fall erhält der Betroffene zudem drei Punkte in Flensburg.

Zudem muss sich der Verurteilte darauf einstellen, dass möglicherweise durch seine Tat geschädigte Dritte Schadensersatzforderungen gegen ihn geltend machen.

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr: Verjährung nach StGB

Die Verfolgungsverjährung tritt nach § 78 StGB nach fünf Jahren ein. Das bedeutet: Ein gefährlicher Eingriff im Straßenverkehr kann noch bis zu fünf Jahre nach der Tat zur Anzeige führen. 

Die Vollstreckungsverjährung hingegen richtet sich nach der jeweils verhängten Einzelstrafe (vgl. § 79 StGB):

  • Freiheitsstrafe über fünf bis zehn Jahre = zwanzig Jahre Verjährungsfrist
  • Freiheitsstrafe über ein bis fünf Jahre = Verjährung nach zehn Jahren
  • Freiheitsstrafe bis ein Jahr oder Geldstrafe über dreißig Tagessätze = fünf Jahre
  • Geldstrafe bis dreißig Tagessätze = drei Jahre

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