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Reißverschlussverfahren: Wann die StVO es zur Pflicht macht

Wann ist das Reißverschlusssystem anzuwenden und wie genau funktioniert es?
Wann ist das Reißverschlusssystem anzuwenden und wie genau funktioniert es?

FAQ: Reißverschlusssystem

Für welche Fälle ist das Reißverschlussverfahren vorgesehen?

Nach § 7 Abs. 4 Straßenverkehrs-Ordnung ist das Reißverschlussssystem immer dann anzuwenden, wenn bei mehreren Fahrstreifen für eine Fahrtrichtung ein Fahrstreifen endet oder nicht durchgehend befahren werden kann.

Wie funktioniert das Reißverschlusssystem?

An der Engstelle müssen Fahrer der durchgehenden Spur die Fahrer auf dem endenden Fahrstreifen einfahren lassen, jedoch stets im Wechsel von einem Fahrzeug (Vorrang linke Fahrspur, Vorrang rechte Fahrspur usf.). Wichtig ist, dass das Einscheren erst an der Engstelle zu erfolgen hat, um den Verkehrsfluss nicht unnötig zu behindern. Mehr zu den Verkehrsregeln beim Reißverschlussverfahren lesen Sie hier.

Droht ein Bußgeld bei einem Fehler beim Reißverschlusssystem?

Ja. Ermöglichen Sie anderen Verkehrsteilnehmern nicht, sich im Rahmen des Reißverschlusssystems einzuordnen und behindern Sie diese dabei, kann gemäß Bußgeldkatalog ein Bußgeld in Höhe von 20 Euro drohen. Wichtig ist dabei, dass die Pflicht zum Einordnenlassen erst unmittelbar vor der Engstelle greift.

Bußgeldkatalog: Reißverschlussverfahren

VerstoßBußgeld
Einordnen im Reißverschlussverfahren nicht ermöglicht und dabei andere behindert20 €

Wann ist das Reißverschlussverfahren Pflicht?

Wozu dient das Reißverschlussverfahren?
Wozu dient das Reißverschlussverfahren?

Wann genau das Einfädelungsverfahren zu erfolgen hat, ist in § 7 Abs. 4 StVO eindeutig festgelegt. Grundsätzlich müssen Fahrer das Reißverschlussverfahren immer dann anwenden, wenn bei einer Strecke mit mehreren Fahrstreifen je Fahrtrichtung

  • ein Fahrstreifen endet oder
  • ein Fahrstreifen nicht durchgehend befahren werden kann

In diesen Fällen ist das Reißverschlussverfahren nach StVO also eindeutig vorgeschrieben. Es spielt dabei keine Rolle, um welche Art der Straße es sich handelt, lediglich das Vorhandensein mehrerer Fahrstreifen für eine Fahrtrichtung ist als Kriterium ausschlaggebend. Damit kann das Reißverschlussverfahren auf einer Autobahn ebenso erforderlich werden wie auf mehrspurigen Kraftfahrstraßen oder innerhalb geschlossener Ortschaften. Durch diese Verkehrsregel soll der Verkehrsfluss auch bei Engstellen optimal bleiben.

In der Rechtsprechung ist dabei umstritten, ob auch ein vorübergehendes Hindernis wie nach einem Unfall das Reißverschlussverfahren auslöst. Die Gerichte haben dies in der Vergangenheit unterschiedlich bewertet.

Achtung! Auf der Autobahn gilt das Reißverschlussverfahren explizit nicht bei der Auffahrt vom Beschleunigungsstreifen. Hier haben stattdessen stets die Fahrer auf dem durchgehenden Fahrstreifen Vorfahrt. Fahrer, die auf die Autobahn auffahren wollen, sind hingegen wartepflichtig und dürfen erst dann fahren, wenn die Bahn frei ist und kein anderer Verkehrsteilnehmer behindert werden kann.

Was beim Reißverschlussverfahren grundsätzlich zu beachten ist, erfahren Sie auch in nachfolgenden Video:

Was ist beim Reißverschlussverfahren zu beachten? Mehr erfahren Sie im Video.
Was ist beim Reißverschlussverfahren zu beachten? Mehr erfahren Sie im Video.

Wird das Reißverschlussverfahren durch ein Schild angekündigt?

Aus den oben genannten Voraussetzungen, die nach StVO das Reißverschlussverfahren erforderlich machen, ergibt sich auch, dass das Einfädelungsverfahren nicht nur dann anzuwenden ist, wenn Schilder darauf hinweisen. Allerdings gibt es einzelne Verkehrszeichen, die das Reißverschlussverfahren ankündigen können. Diese weisen zum Beispiel darauf hin, dass ein Fahrstreifen bald endet. Die Fahrer auf der endenden Spur und der, in die eingefahren wird, können sich so bereits auf das Reißverschlussverfahren an der folgenden Engstelle einstellen. Entsprechende Entfernungsangaben können zusätzlich helfen.

VZ 121.10: einseitig verengte Fahrbahn rechts
VZ 121.10: einseitig verengte Fahrbahn rechts
VZ 121.20: einseitig verengte Fahrbahn links
VZ 121.20: einseitig verengte Fahrbahn links
VZ 531.10: Einengungstafel
VZ 531.10: Einengungstafel
VZ 1005.30; Zusatzschild mit Entfernungsangabe
VZ 1005.30; Zusatzschild mit Entfernungsangabe

Wie funktioniert das Reißverschlussverfahren?

Auch hier hilft ein Blick in § 7 Abs. 4 StVO. Demnach 

„ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).“

Folgende Regeln müssen Sie also beim Reißverschlussverfahren beachten:

Wer ist beim Reißverschlussverfahren wartepflichtig?

Welche Regeln müssen Sie beim Reißverschlusssystem beachten?
Welche Regeln müssen Sie beim Reißverschlusssystem beachten?

Die Fahrer auf der endenden oder blockierten Fahrspur müssen nicht warten, bis der durchgehende Fahrstreifen frei ist. Die Fahrer auf der durchgehenden Spur sind stattdessen verpflichtet, die Fahrzeuge auf der endenden Spur einfädeln zu lassen. Dies hat im Wechsel zu erfolgen.

Wer hat Vorfahrt beim Reißverschlusssystem?

Die Antwort hierauf verbirgt sich bereits in der Bezeichnung dieses Einfädelungsverfahrens: Die Vorfahrt haben die Fahrzeuge auf den beiden Fahrstreifen immer im Wechsel, also z. B. zunächst der Fahrer auf dem endenden Fahrstreifen, dann der Fahrer auf dem durchgehenden Fahrstreifen, danach der nächste Fahrer auf dem endenden Fahrstreifen usf. Die Fahrzeuge verzahnen sich also gewissermaßen wie die Krampen eines Reißverschlusses, bei dem durch die Schieber aus zwei Leisten eine geschlossen wird. Durch den stetigen Wechsel soll der Verkehr auf beiden Streifen flüssig bleiben.

Ab wann ist das Reißverschlussverfahren anzuwenden?

Das Einfädeln ist erst unmittelbar vor dem Ende des Fahrstreifens erlaubt. Dies ist besonders wichtig, denn viele Fahrzeugführer neigen dazu, bereits zu früh zu versuchen, in die durchgehende Fahrspur zu wechseln. Das führt zu mehreren Problemen:

  • Der Verkehrsfluss in beiden Spuren wird dadurch behindert. Es können sich also unnötige Staus bilden.
  • Die Fahrer auf dem durchgehenden Fahrstreifen sind erst unmittelbar vor dem Ende der betroffenen Fahrspur verpflichtet, andere Fahrzeuge einfädeln zu lassen. Sie müssen auch nicht damit rechnen, dass Fahrer sich vorzeitig einfädeln wollen. Dadurch steigt die Unfallgefahr.

Bildnachweise: depositphotos.com/marcosborne, fotolia.com/sp4764, istockphoto.com/prill, Video: eigenes Bild