RATGEBER

Zeugnisverweigerungsrecht: Wann dürfen Sie schweigen?

Wann lässt sich das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß ZPO bzw. StPO anwenden?
Wann lässt sich das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß ZPO bzw. StPO anwenden?

Wenn jemand anderes mit Ihrem Fahrzeug einen Verkehrsverstoß begeht, erhalten Sie früher oder später einen Zeugenfragebogen, in dem Sie den schuldigen Fahrer benennen können. Aber sind Sie auch verpflichtet, dies zu tun? Nicht unbedingt, denn unter bestimmten Voraussetzungen können Sie von einem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Wann dies der Fall ist und welche Konsequenzen das haben kann, erklären wir im Folgenden.

FAQ: Zeugnisverweigerungsrecht

Lässt sich das Zeugnisverweigerungsrecht bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung anwenden?

Ja, bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit wie z. B. einer Geschwindigkeitsüberschreitung kann das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß Strafprozessordnung (StPO) angewendet werden.

Gilt das Zeugnisverweigerungsrecht auch für Verlobte?

Ja, auch der bzw. die Verlobte einer beschuldigten Person besitzt ein Zeugnisverweigerungsrecht. Ein bloßer Lebensgefährte, also ein Partner, der mit dem Beschuldigten weder verlobt oder verheiratet noch mit diesem eine eingetragene Lebensgemeinschaft eingegangen ist, besitzt kein Zeugnisverweigerungsrecht. Welche weiteren Personen dieses Recht ausüben dürfen, erfahren Sie hier.

Welche Konsequenzen hat es, wenn ich beim Zeugenfragebogen von meinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch mache?

Die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechtes per se hat für Sie als Fahrzeughalter keine negativen Folgen. Es kann allerdings dazu führen, dass sich der schuldige Fahrer deshalb nicht ermitteln lässt. Dann besteht die Möglichkeit, dass die Bußgeldbehörde Ihnen auferlegt, ein Fahrtenbuch zu führen, um solch eine Situation in Zukunft zu vermeiden.

Zeugnisverweigerungsrecht: gesetzliche Grundlage

Ist das Zeugnisverweigerungsrecht nicht anwendbar, sind Zeugen zur Aussage verpflichtet.
Ist das Zeugnisverweigerungsrecht nicht anwendbar, sind Zeugen zur Aussage verpflichtet.

Ob Sie nun als Zeuge vor Gericht erscheinen müssen oder als Fahrzeughalter einen Zeugenfragebogen ausfüllen sollen: Zeugenaussagen sind in Rechtsangelegenheiten oft ein wichtiges Mittel, um die Wahrheit herauszufinden. Bei Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren können sie dabei helfen, den Täter zu überführen, während sie in Zivilprozessen dazu dienen, den Sachverhalt zu klären.

Aus diesem Grund sind Sie prinzipiell immer dazu verpflichtet, eine Zeugenaussage zu tätigen, wenn Sie z. B. von einer Behörde oder einem Gericht dazu aufgefordert werden. Doch es gibt eine Ausnahme von dieser Regel: das Zeugnisverweigerungsrecht. Dieses erlaubt Ihnen unter bestimmten Voraussetzungen, die Zeugenaussage zu verweigern, selbst wenn das bedeutet, dass der Schuldige nicht überführt werden kann.

Geht es um ein Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenverfahren, gelten die Voraussetzungen für das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß den §§ 52 und 53 der Strafprozessordnung (StPO). Im Falle eines Zivilprozesses kommen die §§ 383 und 384 der Zivilprozessordnung (ZPO) zur Anwendung. Wir wollen uns im Rahmen dieses Ratgebers nur mit Ersterem auseinandersetzen, da dies für das Verkehrsrecht relevant ist.

Video: Das Wichtigste zum Zeugnisverweigerungsrecht

https://www.youtube.com/watch?v=a7nP6gCABNw
Wer kann das Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch nehmen? Erfahren Sie es hier im Video!

Vom Bußgeld verschont dank Zeugnisverweigerungsrecht: Wann ist das möglich?

Gemäß der StPO gilt das Zeugnisverweigerungsrecht für Personen, die in einem bestimmten Verhältnis zum Beschuldigten stehen. Dies können sein:

  • dessen Verlobter
  • dessen Ehegatte (auch der geschiedene Ehegatte)
  • dessen eingetragener Lebenspartner (auch bei aufgelöster Lebenspartnerschaft)
  • in gerader Linie mit dem Beschuldigten verwandte oder verschwägerte Personen (z. B. Eltern, Kinder, Schwiegerkinder, Enkel)
  • in seitlicher Linie mit dem Beschuldigten bis zum dritten Grad verwandte Personen (Geschwister, Onkel, Tanten, Nichten, Neffen)
  • in seitlicher Linie mit dem Beschuldigten bis zum zweiten Grad verschwägerte Personen (Schwager und Schwägerinnen)

Wenn also beispielsweise Ihr Bruder mit Ihrem Auto geblitzt wurde und Sie im Zeugenfragebogen den Täter benennen sollen, können Sie von Ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Sollte die Behörde keine andere Möglichkeit haben, die Schuld Ihres Bruders festzustellen, kann es durchaus passieren, dass dieser von einem Bußgeld (und anderen Sanktionen) verschont bleibt.

Im Übrigen können auch Angehörige bestimmter Berufe vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen, sofern der Beschuldigte ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft bestimmte Sachverhalte anvertraut hat. Dies betrifft z. B. Geistliche, Anwälte, Ärzte, Steuerberater oder auch Journalisten.

Zeugnisverweigerungsrecht: Mögliche Folgen

Machen Sie vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, droht Ihnen evtl. eine Fahrtenbuchauflage.
Machen Sie vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, droht Ihnen evtl. eine Fahrtenbuchauflage.

Stehen Sie mit dem Beschuldigten in einem wie oben genannten Verwandtschafts- bzw. Verschwägerungsverhältnis, dürfen Sie also das Zeugnis verweigern. Dies ist Ihr gesetzliches Recht, deswegen müssen Sie prinzipiell keine negativen Konsequenzen fürchten, nur weil Sie das Zeugnisverweigerungsrecht ausüben.

Trotzdem sollte dieser Schritt gut überlegt sein, denn er kann zu indirekten Folgen für Sie bzw. den Schuldigen führen. Zum einen schränken Sie selbst bereits den Kreis der möglichen Täter für die Ermittlungen ein, wenn Sie vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Die Behörden wissen dann, dass der Schuldige ein naher Angehöriger sein muss und kommen ihm dadurch womöglich erst recht auf die Schliche.

Zum anderen kann es tatsächlich dazu kommen, dass sich der Schuldige nicht ermitteln lässt und das Verfahren eingestellt wird. Für den Täter, den Sie gedeckt haben, mag das von Vorteil sein, für Sie selbst aber nicht unbedingt, zumindest nicht, wenn es um eine Verkehrsordnungswidrigkeit ging. Denn die Bußgeldbehörde kann dies zum Anlass nehmen, Ihnen als Fahrzeughalter eine Fahrtenbuchauflage zu erteilen. Dieser Anordnung müssen Sie nachkommen, sonst drohen Ihnen selbst hohe Bußgelder.

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